Bachfesttage Köthen – PWA

(16) Festkonzert: Benedikt Kristjansson & Köthener BachCollektiv

30Aug.19:0020:1519:00 - 20:15(GMT+02:00) 0 Like(16) Festkonzert: Benedikt Kristjansson & Köthener BachCollektivBenedikt Kristjánsson (Tenor), Mayumi Hirasaki (Violine), Köthener BachCollektiv

Veranstaltungsdetails

In engem Zusammenhang mit dem Repertoire seines Leipziger Collegium musicum stehen die vier Orchestersuiten von Johann Sebastian Bach. Gleichwohl basieren einige der Stücke auf früheren Fassungen, die Bach in Köthen bzw. Weimar komponiert hat. Dies gilt in ganz besonderer Weise für die h-Moll-Suite (BWV 1067) mit der Besetzung Traversflöte, Streicher und Basso continuo. Das Werk ist nicht in einer originalen Partitur, sondern in einem Stimmensatz überliefert, den vier verschiedene Kopisten um die Jahre 1738/39 im Auftrag Bachs angefertigt haben. Diese Instrumentalstimmen weisen erstaunlich viele Schreibfehler auf, die dann meist von Bach selbst beim Korrekturlesen korrigiert wurden. Betrachtet man die Fehler genauer, so fällt auf, dass es sich meist um Noten handelt, die irrtümlich einen Ganzton zu tief notiert wurden. Es liegt also die Vermutung nahe, dass die Kopisten das Werk aus einer a-Moll-Fassung transponieren sollten und dabei – aus Nachlässigkeit, Zeitdruck oder mangelnder Übung – regelmäßig irrten. Dieser Befund weist darauf hin, dass Bach das gesamte Stück möglicherweise schon in Köthen komponiert hatte und nun lediglich wiederaufführte. Die ambitionierte Solopartie der Komposition ist allerdings in der a-Moll-Fassung nicht auf der damaligen Traversflöte ausführbar, da deren tiefster Ton unterschritten wird. Es darf daher angenommen werden, dass die Urfassung der Orchestersuite von einer Solovioline bestritten wurde. 

Gleichgültig in welcher Fassung, unterscheidet sich die Suite ganz signifikant von den drei Schwesterwerken: Zwar besteht auch dieses Werk aus einer einleitenden Ouvertüre und mehreren sich daran anschließenden Tanzsätzen, allerdings setzt Bach das Soloinstrument derart exponiert ein, dass auch von einem „Konzert in Suitenform“ gesprochen werden könnte. Schon im Hauptteil des Eingangssatzes entwickelt sich weniger eine strenge konzertante Fuge als ein abwechslungsreicher Dialog zwischen Solo und Tuttibesetzung. Auch in den folgenden Tanzsätzen, bis hin zur abschließenden Badinerie, bleibt der Solist in brillant-unbeschwerter Weise Mittelpunkt der Komposition. 

Zum 24. Sonntag nach Trinitatis des Jahres 1724 schrieb Johann Sebastian Bach in Leipzig die Choralkantate „Ach wie flüchtig, ach wie nichtig“ (BWV 26). Die liturgische Ordnung des Sonntags sah den Evangelienbericht von der Auferweckung eines verstorbenen Mädchens durch Jesus (Mt 9, 18–36) vor. Angesprochen wird also in diesem Schriftabschnitt die Endlichkeit des Lebens, aber auch die Fähigkeit Christi, den Tod zu überwinden. Der Choral „Ach wie flüchtig, ach wie nichtig“ von Michael Franck passt dazu sehr gut: In 13 Strophen – gedichtet kurz nach dem Ende des 30-jährigen Krieges – wird hier ein Abgesang auf die irdische Freude und Schönheit, Stärke, Ehre und Herrschaft vorgenommen. Bachs Librettist komprimierte das metaphernreiche Lied von Michael Franck auf sechs Kantatensätze, darunter zwei Arien. Die Tenorarie „So schnell ein rauschend Wasser schießt“ folgt der Dichtung des zweiten Choralverses, in der das Fließen eines Flusses als Metapher für die verrinnende Lebenszeit dient. Bach überträgt die Schnelligkeit des fließenden Wassers kongenial in die lebhafte Bewegung dieser Arie. 

Sein sogenanntes „Tripelkonzert“ schrieb Johann Sebastian Bach mit großer Wahrscheinlichkeit in den 1730er Jahren für die wöchentlich veranstalteten „Ordinairen Concerte“ des von ihm geleiteten Collegium musicum in Leipzig. Er griff allerdings – wie so häufig – auf frühere Werke zurück. So basieren die beiden schnellen Ecksätze auf einer in Weimar entstandenen Cembalokomposition (Präludium und Fuge a-Moll BWV 894), während der Mittelsatz der Orgel-Triosonate d-Moll (BWV 527) entnommen ist. In der virtuosen Stimmführung des Cembalos sind diese Vorläufer im Konzert noch deutlich erkennbar, allerdings fügte Bach dem Tasteninstrument noch zwei weitere Solostimmen – Traversflöte und Violine – sowie natürlich den Orchesterpart hinzu. Auf diese Weise entstand ein „Gruppenkonzert“ auf höchstem stilistischen Niveau. 

Zu Bachs Aufgaben mit seinem Leipziger Collegium musicum zählten auch festliche Musikaufführungen zu Ehren der sächsischen Landesherrschaft. 1733 kam es im Garten des Zimmermannschen Caféhauses zu einer Freiluftaufführung der Kantate „Lasst und sorgen, lasst uns wachen“ (BWV 213). Anlass dafür war der elfte Geburtstag der Kurprinzen Friedrich Christian, eines Sohnes von Kurfürst Friedrich August II. Den Text hatte Christian Friedrich Henrici gedichtet und dabei ein kurzes „Dramma per musica“ um den antiken Helden Herkules geschaffen. Die meisten Chöre und Arien dieser Kantate übernahm Bach später in sein „Weihnachts-Oratorium“, so auch die Arie „Auf meinen Flügeln sollst du schweben“, die ihren Platz in der Neujahrskantate („Ich will nur dir zu Ehren leben“) fand. 

Sein Violinkonzert E-Dur (BWV 1042) komponierte Johann Sebastian Bach mit großer Wahrscheinlichkeit für das Köthener Hoforchester. Bach präsentiert hier seine persönliche Art des vor allem durch die Werke von Giuseppe Torelli, Tomaso Albinoni und Antonio Vivaldi populär gewordenen italienischen Concerto-Prinzips. Während seiner Anstellung als Organist und Konzertmeister am Weimarer Hof hatte sich Bach intensiv mit dieser modischen Gattung beschäftigt, nachdem der dortige Prinz von seiner Kavaliersreise die neuesten Drucke italienischer Komponisten mitgebracht hatte. Diese Vorarbeiten konnte er nun in eigene Kompositionen umsetzen und mit den hervorragenden Köthener Instrumentalisten aufführen. 

Das konzertierende Prinzip äußert sich im E-Dur-Konzert durch eine enge motivische Verschmelzung von Soloinstrument und Orchester. Der thematische Kern wird gleich zu Beginn des ersten Satzes vorgestellt, er besteht aus einem markanten Dreiklangsmotiv und einer daraus resultierenden, auftaktigen Melodielinie. Der ruhige Mittelsatz beruht auf einer sich wiederholenden Basstonfolge, die von der Solovioline mit ausladenden Kantilenen kontrastiert wird. Den Abschluss des Konzerts bildet schließlich ein tänzerisches Rondo, das in umspielter Dreiklangsmelodik einen latenten Themenbezug zum Eingangssatz herstellt. 

Mitwirkende:

  • Benedikt Kristjansson, Tenor
  • Köthener BachCollektiv

    • Mayumi Hirasaki, Konzertmeisterin
    • Leopold Nicolaus, Violine
    • Waleska Sieczkowska, Violine 
    • Yves Ytier, Violine
    • Elisabeth Sordia, Violine
    • Cécile Dorchêne, Violine
    • Corina Golomoz, Viola
    • Christian Goosses, Viola
    • Mercedes Ruiz, Violoncello
    • Walter Rumer, Kontrabass
    • Flóra Fábri, Cembalo
    • Marcello Gatti, Traversflöte

Programm:

  • Johann Sebastian Bach (1685 – 1750): 

    • Choral Ach wie flüchtig, ach wie nichtig, aus der gleichnamigen Kantate (BWV 26) Orgel solo
    • Ouvertüre amoll (BWV 1067a) für Violine, Streicher und Basso continuo, Ouverture – Rondeau – Sarabande – Bourée I – Bourée II – Polonaise – Double – Menuet – Badinerie
    • Arie So schnell ein rauschend Wasser schießt, Tenor, Flöte, Streicher und Basso continuo, aus der Kantate Ach wie flüchtig, ach wie nichtig BWV 26
    • Konzert a-moll („Tripelkonzert“), Flöte, Violine, Cembalo, Streicher und Basso continuo, Allegro – Adagio ma non tante e dolce – Alla breve
    • Arie Auf meinen Flügeln sollst Du schweben, Tenor, 2 Violinen und B.c., aus der Kantate „Lasst uns sorgen, lasst uns wachen“ (BWV 213)
    • Violinkonzert E-Dur (BWV 1042), Violine, Streicher und B.c., Allegro – Adagio – Allegro assai
    • Rezitativ Die höchste Herrlichkeit und Pracht
    • Choral Ach wie flüchtig, ach wie nichtig, aus der gleichnamigen Kantate (BWV 26)

Videotipp: Midori Seiler & Köthener BachCollectiv: Bachs Virtuosos (offizieller Albumtrailer)

Dauer: 75 Minuten | Karten: 24 Euro, ermäßigt 10 Euro | Foto: Henner Fritzsche, Köthen

Zeit

30. August 2024 19:00 - 20:15(GMT+02:00)

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Informationen

Ermäßigungsberechtigt sind Schüler*innen, Auszubildende und Studierende, Erwerbslose und Schwerbehinderte. Kinder bis 6 Jahre haben freien Eintritt. Schwerbehinderte mit B im Ausweis erhalten eine ermäßigte Karte, die Begleitperson erhält kostenfreien Zutritt mit einer Begleitkarte. Kostenfreie Begleit- und Kinderkarten können per Mail an tickets@bachfesttage.de und in der Köthen-Information gebucht werden. Bitte beachten Sie, dass die Veranstaltungsorte nur teilweise barrierefrei sind. Ermäßigte Tickets haben nur bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises Gültigkeit.

Bis zum 21. März 2024 werden die ersten 20 Prozent des Kartenkontingents jedes Konzertes um 10 Prozent reduziert angeboten. Ein weiterer Rabatt in Höhe von 10 Prozent wird bis zum 31. Juli 2024 gewährt, wenn die Tickets in der Köthen-Information im Schloss erworben werden.

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